Radfahren bis ins hohe Alter

Mein Großvater war 75 Jahre alt, als er mich zum ersten Mal auf seinem Fahrrad mitnahm. Mein Platz war ein kleiner Sattel auf der horizontalen Rahmenstange und für die Füße kleine ausklappbare Fußstützen an der ungefederten Gabel. So fuhren wir "über die Dörfer", meist um die Verwandtschaft zu besuchen, zu den "Försterteichen", oder um in der "Schönen Aussicht", oberhalb von Lemgo, eine Brause trinken zu gehen. Diese ersten Touren, „hoch zu Rad“ durch das nord-lippische Hügelland mit meinem stattlichen, großgewachsenen Opa, machten mich süchtig nach mehr und sind mir in lebhafter Erinnerung. Zwischen ihm, seinen Armen und dem Lenker fühlte ich mich sicher und genoss eine großartige Aussicht.

Selbst fahren konnte ich zu dieser Zeit nur auf einem klassischen Tretroller, doch kann es nicht allzu lange gedauert haben bis ich auf meinem eigenen Rad die völlig Freiheit erlangte. Beibringen musste uns Kindern das damals niemand, wir haben einfach so lange probiert bis es klappte, so aufregend war uns die eigene Mobilität lange, bevor es "Elterntaxis" gab...

Mein Großvater fuhr indes noch bis zum 93. Lebensjahr mit seinem klassischen Herrenrad ohne Gangschaltung, das er vermutlich Anfang der 50er Jahre gekauft hatte. Er ließ sich bergab rollen, schob an den Steigungen und fuhr verbotenerweise durch die Fußgängerzone, wo alle Polizisten ein Auge zudrückten. Noch kurz vor seinem Tod fuhr er mit dem Rad in das vier Kilometer entfernte Lemgo. Dort im Kaufhaus stürzte er auf der Rolltreppe und wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo er eine Woche später starb. Das Fahrrad hatte ihn bis dorthin fit und mobil gehalten...

Radeln im Alter attraktiver denn je

Heute ist es attraktiver denn je im Alter Rad zu fahren. Eine ungeheure Vielfalt an leichten und leichtgängigen Rädern zu günstigen Preisen ist heute auf dem Mark zu finden, anders als die schweren "Drahtesel" ohne Schaltung die über 70 Jahre das meist alltägliche Radeln prägten. Wer bereit ist etwas mehr zu bezahlen bekommt beim Strampeln elektrische Unterstützung oder ein drittes Rad und kann dabei auch noch liegend durch die frische Luft gleiten.

Die elektrische Unterstützung beim "Pedelec" (umgangssprachlich fälschlicherweise "eBike" genannt") macht gerade im Alter das Radfahren noch gesünder. Bei Steigungen werden nämlich die Gelenke geschont und die Bewegung regt den Kreislauf an, ohne strapaziös zu sein. Die psychischen Effekte kann jeder an sich selbst beobachten: Sobald man auf dem Rad sitzt hebt sich die Stimmung. Es gibt sogar Studien die nahe legen, dass das Radeln mit dem Pedelec im Alter gesünder ist, als ohne elektrische Unterstützung.

Trikes helfen mobil zu bleiben

Doch gibt es im Alter nicht nur Gelenkbeschwerden, die einem (längeres) Radfahren unter Umständen verleiden könnten, wenn man nicht das passende Rad hat. Auch Gleichgewichtsstörungen, Schwindelgefühl und andere altersbedingte Beeinträchtigungen können das Radeln unangenehm oder gar unmöglich machen. Hier kommen die Trikes ins Spiel. Mit drei Rädern, liegend, mit oder ohne Strom, eröffnen sich für viele, die schon glaubten das Radfahren aufgeben zu müssen, neue Perspektiven wirklich autonomer Mobilität.

Wer glaubt, dass Trikes nur eine einfache Weiterentwicklung irgendwelcher Dreiräder sind, der sieht sich getäuscht. Trikes werden in allen erdenklichen Varianten hergestellt und eine Extremsporterlerin ist mit einem sogenannten "Fat Trike" sogar bis zum Südpol geradelt. Die Räder sind also robust, bei Bedarf geländegängig, leicht, alltags- und alterstauglich. Noch nie gab es weniger äußerliche Gründe im Alter nicht mehr Rad zu fahren, zumal heute sogar 105-Jährige Weltrekorde mit dem Fahrrad aufstellen.

Das Leben ist schön - auf dem Fahrrad. Auch im Alter! Der 105-jährige Weltrekordler hat angeblich erst im Alter von 78 Jahren "ernsthaft" mit dem Radfahren begonnen...