Ergonomie: Klassischer Fahrradsattel versus Trike-Sitz

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Wer längere Zeit ein Liegerad-Trike gefahren und den Vergleich mit einem klassischen Zweirad (oder Trikes mit Sattel) gemacht hat, der weiß über die unzweifelhaften Vorteile zu berichten, allem voran die bessere Ergonomie.

Beim Zweirad ist es wichtig solche Dinge wie Rahmengröße, Sattelhöhe und die horizontale Sattelposition im Vergleich zu den Pedalen optimal einzustellen. Das ist nicht immer leicht, weil das schicke Wunschrad, das uns im Laden anlacht, nicht immer das Rad ist, das für unseren Körper gut ist. Beim Kauf von Zweirädern kommt die Ergonomie oft zu kurz, da sich viele Verkäufer nicht gerne die Zeit nehmen hier präzise zu arbeiten und genau auf die körperlichen Bedürfnisse des Käufers einzugehen. Oft haben die Verkäufer auch nur eine vage, oberflächliche Kenntnis der Probleme und Lösungen – und – man will halt schnell verkaufen und Umsatz machen…

Die Komfortzone des Liegerades. Hier bei einem Hase "Pino". - Foto: Frank Möller
Die Komfortzone des Liegerades. Hier bei einem Hase „Pino“. – Foto: Frank Möller

Beim Liegerad-Trike dagegen ist die Ergonomie gewissermaßen von vorneherein eingebaut. Die halb liegende Position auf einem Trike wirkt sich nämlich nicht nur unmittelbar positiv auf den Po aus, sondern auch auf Nacken, Schulter, Handgelenke und Wirbelsäule. Die Vorteile für den Po leuchten sofort ein: die Fläche der Gewichtsbelastung ist beim Liegen um ein Vielfaches größer als beim Sitzen, was das Gewicht pro Quadratzentimeter erheblich reduziert. Auch Vibrationen und Stöße aufgrund einer unebenen Fahrbahn werden um ein Vielfaches gemildert. Menschen mit Bandscheibenvorfall, Wirbelsäulenproblemen, Muskel- oder Knochenkrankheiten können mit dem Liegesitz wieder Radfahrern und aktiv am Leben teilnehmen und etwas für die eigene Gesundheit tun.

Hilfe bei Taubheitsgefühl im Genitalbereich

Entscheidend sind die Argumente für den Liegesitz allerdings weniger für den doch sehr robusten Po, sondern für das was sich in seiner Nähe, im Inneren des Körpers, befindet: der Urogenitaltrakt. Die Probleme die, auch bei Frauen, dort entstehen können, werden offenbar stark unterschätzt, wie eine britische Studie mahnt. Denn nur im Idealfall, jedenfalls unter den Gesichtspunkten der Gesundheit, lastet das Gewicht unseres Körpers beim klassischen Sattel auf dem Sitzbein (anatomisch: os ischii). In der Realität wird viel zu oft das Perineum stark belastet, sodass es bei vielen Menschen im Genitalbereich zu Taubheitsgefühlen aufgrund von Durchblutungsstörungen kommt. Ein Problem das zwar durchaus bekannt, doch, auch mit dem besten Satteldesign, nur bedingt in den Griff zu bekommen ist. Ist der Oberkörper, in der meist so gewünschten Position, nach vorne gebeugt, wird das Perineum fast zwangsläufig belastet.

Klassischer Sattel mit verbesserter Ergonomie hier beim Hase Pino
Ein klassischer Sattel mit verbesserter Ergonomie durch den abgesenkten Mittelbereich, hier beim Hase Pino, kann mit den ergonomischen Vorteilen eines Trike-Sitzes für die Beckengegend nicht mithalten.

Die urologischen Probleme, die ein klassischer Fahrradsattel verursachen kann, sind weitreichend, wie dieser Artikel die britische Studie auf Deutsch zusammenfasst. Der begeisterte Radfahrer und Urologe, Dr. Keul, erklärt dort, dass er aufgrund der Sachlage selbst die Konsequenzen gezogen hat und auf ein Liegerad umgestiegen ist.

Für Männer, die bereits eine Prostataoperation hatten und das Radfahren nicht aufgeben wollen, ist ein Trike mehr oder weniger ein Muss. Natürlich sind die Auswirkungen einer Prostataoperation von Mann zu Mann unterschiedlich, doch gerade Männer, die noch ausgedehnte Touren fahren wollen, sind schnell von den Vorteilen eines Trikesitzes überzeugt. Das Leben ist zu kurz, um die schönsten Dinge im Leben unter Schmerzen ertragen zu müssen!

6 Kommentare zu „Ergonomie: Klassischer Fahrradsattel versus Trike-Sitz“

  1. Ich kann diesem Artikel nur voll zustimmen. Ich habe zwei Titanbandscheiben im Nacken. Konnte trotz vieler umbauten mit meinem Rad nicht mehr fahren. Taubheit in den Fingern, Nackenschmerzen, Rücken Schmerzen bis in die Beine. Dann vor fünf Jahren die Entscheidung zu einem Liegerad. Alle Probleme beseitigt und nach 80 km am Stück bleibe ich immer noch gerne liegen. Konnte meinen Mann ebenfalls nach einer Bandscheiben OP überzeugen und fahren gemeinsam begeistert viele schöne Touren. Wir sind begeisterte Lieger mit
    HP Gekko.

  2. Hallo Frank,

    das kann ich bestätigen, auch für mich waren Druckprobleme mit dem typischen Taubheitsgefühl im Dammbereich und darunter ein Grund, nach drei Jahrzehnten auf dem Rennrad, ein Liegerad-Trike zu kaufen. Meine Hoffnung, damit eine Lösung für längere Touren und Radreisen zu bekommen, haben sich bis jetzt bestätigt. Auch nach den ersten gut tausend Kilometern damit habe ich noch keine nennenswerten ergonomischen Probleme ausmachen können. Einzig eine kürzere Kurbel zur Entlastung der Knie habe ich mir gegönnt. Meine ersten Erfahrungen habe ich auch unter https://seblog.de/ice-sprint-x-liegerad-trike/ zusammengefasst. Bei kürzeren Ausfahrten fahre ich auch weiterhin meine Rennräder. Doch gerade der Wechsel tut mir gut. Das Liegerad ist für mich auf alle Fälle eine lohnende Investition gewesen, sobald es zwackt wechsele ich nämlich einfach auf mein Trike. Und die richtig langen Geschichten sind damit auch wieder im Bereich der Möglichkeiten, allein das Wissen darum ist mir viel wert.

    Beste Grüße
    Sebastian

  3. Ich kam gerade mit Passanten ins Gespräch, als ich mit meinem Trike eine Pause machte. Wie immer die Frage, ob das denn bequem sei? -„Als ob Ihr Sofa Flügel bekommt!“. Die Frau (ca.65 Jahre) glaubte mir das sofort. Sie erzählte von einer Radtour über sehr unebene Wege in Ostdeutschland, die ihr massive Schmerzen im Unterleib ausgelöst hätten. Diagnose des Frauenarztes: die Bänder um die Gebärmutter waren stark gedehnt. In dem Moment too much information für mich, aber sowas kann einem auf dem Liegerad auch nicht passieren!

  4. Bei dem was heute Liegetrikes zu bieten haben, ist es nur eine mit dem gesunden Menschenverstand nicht nachvollziehbare Form von Masochismus, sich den A… noch auf einem unbequemen Velosattel aufzureissen. Mein HP Gekko mit GoSwiss Drive und Pinion-Getriebschaltung begeistert mich immer noch bei jedem Meter, den ich damit fahre und das sind seit der Motorisierung im Herbst 2016 doch bereits fast 16‘000 Meter. Leider werden grosse Fahrradreisen ins Ausland aktuell noch durch das Coronavirus ausgebremst, aber es werden wieder bessere Zeiten kommen und auch innerhalb der Schweiz gibt es tolle Möglichkeiten, wie die «Herzroute» vom Bodensee an den Genfersee durch die Voralpen oder die Fahrt durch die sieben Naturparks im Jura von Schaffhausen nach Genf. Der Tessin ist mit neuen, niederflurigen Zügen von Basel nach Locarno mit viel Platz für Velos nähergerückt.

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