Ein kleiner Exkurs zur Historie des Liegerads

Viele wissen gar nicht, dass die Geschichte der ersten Liegeräder schon mehr als 100 Jahre zurückreicht. Nachdem in den 1880er Jahren der Kettenantrieb für den Fahrradbau eingesetzt wurde, nutzten viele Wissenschaftler und Erfinder diese neue Errungenschaft, um weitere Modelle oder Varianten von Fahrrädern zu entwickeln.

Aus einiger dieser Modelle wurden die ersten Vorreiter des Liegerads. 1893 bastelte ein französischer Erfinder mithilfe des Kettenantriebs das Faulteuil Velociped mit Ballonreifen. Die Reifen von diesem Gefährt sind dicker als die üblichen Reifen eines Fahrrads und können mit relativ geringem Druck von etwa zwei Bar gefahren werden. Auch das Sesselrad von Ferdinand Krafft (1893), das Liegerad von Drewitz und das Sesselrad vom Schweizer Hersteller Challand (1895) wurden zu ersten und wichtigen Vorläufern des Liegefahrrads. Nur wenige Jahre später wurden Prototypen wie das Bauchliegerad von Mr. Darling und das Brown-Recumbent entwickelt. Das Brown Recumbent ist der Vorreiter des Chopper/Scooter Rades und wurde um die Jahrhundertwende in den USA gebaut.

1914 war es dann endlich soweit. Peugeot baute und veröffentliche das erste Liegerad, welches auch tatsächlich in Großserie produziert wurde. Das besondere Rad basierte auf dem zuvor genannten Brown-Recumbent. Eine weiteres, sehr erfolgreiches Liegerad wurde in den 1920-Jahren von von Paul Jaray entwickelt und nannte sich das J-Rad. Auch dieses Liegerad wurde in Serie produziert und sehr viele Male verkauft.

Erst weitere zehn Jahre später wurde von Charles Mochet und seinem Sohn ein Liegerad entwickelt, das erfolgreich im Bereich des Sports genutzt werden konnte. Das sogenannte Velocar konnte damals am Wettkampfbetrieb teilnehmen, da der Internationale Radsport-Verband (IUC) die Teilnahme der Liegeräder an offiziellen sportlichen Wettkämpfen erlaubte. 1933 stellte ein Liegeradfahrer mit 45.046 Kilometern einen Stundenweltrekord auf, welcher erst fünf Jahre später durch die Geschwindigkeit eines Rennrads eingestellt werden konnte. Am 1. April 1934, entschied der IUC jedoch, dass Liegefahrräder von diesem Tag an von sportlichen Wettkämpfen ausgeschlossen werden würden. Die folgenden Jahrzehnte, vor allem zwischen 1950 und 1980, erlebten die Liegeräder und ihre Hersteller ein Tiefpunkt. Die Räder wurden zwar von einzelnen Händlern in Kleinserienmodellen weiter produziert, jedoch war die Nachfrage, auch aufgrund des Beschlusses des Internationalen Radsport-Verbandes, sehr viel geringer als vor dem Jahr 1934. Es entstand eine eher unabhängige Szene. Besonders in der Nachkriegszeit kauften sich die Menschen Liegefahrräder, da sie sich keine Autos leisten konnten und trotzdem mobil sein wollten. 1976 wurde dann der IHPVA-Verein (International Human Powered Vehicle Association) gegründet. Dieser stellte sicher, dass Muskelkraft getriebene Fahrzeuge aller Art genügend Förderung erhielten. Außerdem brachte er Veranstaltungen und Wettbewerbe zurück, an denen auch Liegefahrrädern teilnehmen können. Durch die Möglichkeit von Teilnahmen an sportlichen Wettbewerben und auch die vielen modernen, fahrzeugtechnischen Studien, wurde das Liegerad wieder populärer und somit auch mehr gebraucht. Die Anzahl der genutzten Liegeräder in Deutschland liegt etwa bei 30.000 Stück. Darunter auch einige Velomobile, die bis heute als schnellstes von Menschenkraft angetriebenes Fahrzeug gelten.